Was ist eine Segnung und wer darf einen Segen geben?
Oft wird angenommen, dass die Segnung lediglich von Geistlichen der verschiedenen Religionen erteilt werden darf. Doch fangen wir von vorne an. Woher stammt die Bezeichnung Segnung, respektive Segen überhaupt? Sie leitet sich vom lateinischen Wort Signum ab, was Zeichen bedeutet oder auch Kennzeichnung. So wird die Segnung stets mit rituellen Gesten vollzogen, es werden Zeichen gesetzt. Christen kennen zum Beispiel das Kreuzzeichen auf der Stirne bei der Taufe. Weitere rituelle Gesten der Segnung sind zum Beispiel das Besprengen von geweihtem Wasser, die Salbung mit Ölen, das Handauflegen oder das Räuchern.
Der christlichen Welt liegen darüber hinaus die Begriffe bene und dicere für die Segnung zu Grunde, oder in einem Wort benedictio. Übersetzt bedeutet dies gut und sagen, also Gutes sagen und bringt klärend zum Ausdruck, dass Segen auch gesprochen werden. Dies geschieht in verschiedenen Religionen und Kulturen auf unterschiedliche Art und Weise, mit Gesängen, mit Tanz oder eben mit Segensworten und Segenssprüche. Oft nehmen die Segnenden bei grossen Anlässen mit vielen Menschen beim Segnen die Orantenhaltung auf. Dabei breiten sie die Arme auf Schulterhöhe aus und weisen die Hände Richtung Himmel, und bringen damit zum Ausdruck, dass der Segen von „Oben“ kommt.
Was ist das Ziel der Segnung?
Jeder Segen hat eine Bedeutung und ein Ziel. Der Segen ist weit mehr als der persönliche Wunsch von Mensch zu Mensch. Mit dem Segen ruft der Segnende eine weise, alliebende und spirituelle Kraft an und stellt den Menschen unter dessen Dach. Nicht der Segnende steht im Mittelpunkt der Segnung, sondern die grosse allmächtige und allgegenwärtige göttliche Kraft mit den zahlreichen Namen. Diese Kraft wird dem Menschen zuteil, der gesegnet wird. Es ist die Zuversicht und der Glaube des Segenspenders, der die Segnung durch sich lebendig werden lässt. So werden die Gesegneten durch die allgegenwärtige Kraft innerlich berührt.
Ein alltäglicher Segen in der Kindheit
Als Kind durfte ich ein älteres, schon länger pensioniertes Ehepaar kennenlernen, mit denen ich sehr viel Zeit verbrachte. Sie brachten mir Kartenspiele bei, erzählten mir Geschichten von früher und liessen mich an ihrem Leben teilhaben. Sie waren für mich wie die Grosseltern, die ich selbst nicht hatte. Madame und Monsieur Schmidt genossen meine kindliche und lebenssprühende Anwesenheit und ich die Aufmerksamkeit die sie mir schenkten. Wie meine Eltern stammte Madame Schmidt aus der französischen Schweiz, die ausgesprochen katholisch war. Madame Schmidt liess mich nie gehen, ohne eine Segnung. Sie malte mir ein Kreuz auf die Stirn und sagte dazu „que Dieu te bénisse“, was soviel hiess, wie „Gott segne dich“. Ich verstand damals nicht genau, was dieses kleine Ritual bedeutete, doch irgendwie tat es mir gut. Ich fühlte mich geborgen und behütet und sprang danach immer leichtfüssig von dannen.
Der tägliche Segen für meine Kinder von Klärli H.
Klärli H. hätte auch meine Oma sein können, und sie wohnte im selben Haus, wie Madame und Monsieur Schmidt. Zu ihr hatte ich lange eine eher lockere Beziehung, nachdem das alte Ehepaar schon gestorben war. Klärli war eine sehr gütige Frau und war aktiv in der Heilsarmee tätig. Klärli sagte zu mir, nach der Geburt jedes meiner Kinder, sie hätte diese in ihr Wiegenregister aufgenommen. Jeden Abend spreche sie einen Segen für meine Kinder, die sie dabei alle beim Namen nannte. Bis zu ihrem Tod mit weit über 90 Jahren liess sie keinen Abend aus. Damit machte mir Klärli ein grosses Geschenk. Unabhängig von Kontakt und Trallala im Leben segnete sie meine Kinder täglich, was mich mit Zuversicht und Dankbarkeit erfüllte. Dies gab mir im Zusammenhang mit den Sorgen, dich ich zuweilen mit meinen Kindern hatte, Kraft und Trost. Es bedeutete mir sehr viel, meine Kinder von diesem Segen begleitet zu wissen.
Wer darf einen Segen sprechen?
Es kann niemals zu viel Segen geben. Weil jeder Segen den göttlichen Funken nährt und weitergibt und damit positive Energien und Liebe aussendet, kann es nie zu viel davon geben. Die beiden Beispiele oben zeigen, dass jede Frau und jeder Mann segnen darf. Dies ist schon lange in Vergessenheit geraten.
Interessant ist es zu wissen, dass bereits im 16. und 17. Jahrhundert Verordnungen entstanden, welche Segenssprechungen und Segensgesten, wenn sie nicht von Geistlichen stammten, als Teufelszeug deklarierten. Das Verbot galt für alle dafür destinierten Menschen. Bei der Verfolgung der weisen Frauen, die man für Hexen hielt, wurden auch diese in diesem Zusammenhang hart bestraft. Dies ist mit ein Grund, weswegen der Segen auch heute noch zum grossen Teil lediglich der Kirche zugesprochen wird. Manchmal ist das Vorurteil, dass die Segnung durch Ritualleiterinnen und Ritualleiter bei Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen nicht rechtens sei, leider gross. Natürlich dürfen Segnungen von allen Menschen gesprochen und rituell ausgeführt werden, die dies für ihre Mitmenschen im Namen einer grösseren Kraft tun wollen und können.
Der Segen ist Bestandteil eines Rituals
Seriöse Fachfrauen und Fachmänner für Rituale haben eine Ausbildung und haben den spirituellen Hintergrund, den sie auf jeden Fall ermächtigt, Rituale zu leiten und dabei zu segnen. Viele von ihnen haben sich dem Ritualververband Schweiz angeschlossen. Ritualfachpersonen stellen sich im Dienste der Menschen und übernehmen die Aufgabe, ihre Mitmenschen bei Lebensübergänge zu unterstützen. Gerade wenn konfessionslose Frauen und Männer sich eine Zeremonie wünschen, weil sie an eine höhere Weisheit glauben, können freischaffende Fachpersonen diese für sie gestalten. Mit dem Durchführen von Zeremonien übernehmen die Ritualschaffenden die Verantwortung. Sie schaffen einen würdigen Rahmen für alle Beteiligten und beziehen die kosmische Weisheit mit ein. Sie vertrauen dem grossen Herz aller Herzen, welches alles umfasst. Die Segnung ist dabei eine wichtige rituelle Geste im Ritual, denn damit berühren die kosmischen Kräfte die Gesegneten und begleiten sie auf ihrem weiteren Weg.
Wen oder was darf man segnen?
Der Segen ist nicht nur den Menschen vorbehalten. Tiere und Pflanzen, Stall und Acker, Haus und Garten können genauso gesegnet werden, wie Werkzeuge, Fahrzeuge jeder Art, persönliche Gegenstände, Bücher, Fotos, Bilder, Statuen und vieles mehr. In ländlichen Gegenden kennt man den Segen für das frisch bepflanzte Feld, damit die Früchte wachsen und gedeihen mögen. Meistens nicht mehr gegenwärtig ist das althergebrachte Segnen der erhaltenen Gaben, darunter auch Speis und Trank. Als die Gefahren weit grösser und vor allem anders waren als heute, war der Schutz und der Segen ein wichtiger Bestandteil des Lebens. So manches Haus steht noch unter diesem Schutz, und an den Fassaden befinden sich Segensprüche, wie zum Beispiel: „Gott segne dieses Haus, und alle die da gehen ein und aus!“
Ein Segen für dich…
„Möge
das sanfte Plätschern des Flusses Dir Sanftmut
das melodische Rauschen des Windes Dir Freiheit
die stille Beständigkeit des Bodens Dir Sicherheit
und die wärmende Kraft der Flammen Dir Vitalität schenken!
Mögest Du Dich auf dieser Welt verbunden und geborgen fühlen!
So soll es sein!“